Schon von weitem erkennt man die Flaschen von Robert Weil an ihrem charakteristischen Himmelblau. Weltweit ist diese Farbe ein Symbol für Spitzen-Rieslinge auf absolut höchstem Niveau. Ein Markenzeichen, symbolisch für die kompromisslose Qualität der Weine von Weingut Robert Weil.

Max Kaindl, 27. November 2023
Lesezeit etwa 5 Minuten

Robert Weil:
DAS deutsche Riesling Château

Himmelblau – das Symbol für erstklassigen Riesling auf Weltklasse-Niveau.

Die Himmelblauen Etiketten aus dem Rheingau begleiten mich bereits seit Beginn meiner Reise durch die Rieslingwelt. Nie werde ich vergessen, wie ich an einem kühlen Herbsttag in 2015 sprachlos vor einem Glas 2008er Gräfenberg Riesling Erstes Gewächs (trocken) saß. IDas Tor in eine neue Welt war für mich aufgestoßen und ich begann mich darauf hin näher mit Riesling zu beschäftigen. Weil Wein war für mich sozusagen der Schlüssel zur Riesling Welt. Der geneigte Leser möge mir daher die an der ein oder anderen Stelle wahrnehmbare persönliche Sympathie zum Hause Weil und seinen Mitarbeitern, zu denen mich eine nunmehr jahrelange Freundschaft verbindet, nachsehen.

Überraschungen über Überraschungen.

Kürzlich war ich wieder zu Besuch in Kiedrich – einem kleinen, dem Riesling-Fan jedoch wohl bekannte, Ort im Rheingau. Auf meine Nachfrage zur Einladung am späten Nachmittag bekam ich lediglich die Antwort: „Lieber Max, lasch dich überraschen.“.

Gesagt, getan. Mit etwas Verzögerung (dank der immer noch gesperrten Brücke in Wiesbaden) kam ich auf dem Weingut an. Los ging es direkt mit der ersten – und wohl größten – Überraschung des Tages. Mir wurden die Türen in das soeben erst fertiggestellte neue Weinarchiv des Weinguts geöffnet. Die neu geschaffene Fläche, direkt in den Gräfenberg gegraben, ermöglicht nun eine deutlich größere Lagerung von Flaschen, um sie dann nach Jahren der Reife unter perfekten Bedingungen dem Markt zu präsentieren.

Betritt man das Archiv, gelangt man zunächst in einen sehr langen und von sehr großen, dunklen Fliesen gerahmten Raum. Inmitten steht ein großes Kühlbecken für Weinflaschen gefolgt von einer langen, bis zu 30 Personen fassenden, Tafel. Durch einen Knopfdruck auf der Fernbedienung, legt sich die Milchschicht in der großen Fensterfront am Ende des Raums und gibt den Blick auf die massiven Blockquader des neuen Weinarchivs, in den die Rieslinge lagern, frei. Alles strahlt eine Erhabenheit und innere Balance aus. Ein Gefühl, als würde man in eine Kathedrale eintreten.

Dem Weingut ist mit diesem Neubau einmal mehr die perfekte Symbiose aus Tradition und Moderen gelungen. Das Weinarchiv wirkt zeitlos elegant und wird den kommenden Generation – und auch den Freunden gereifter Weil Weine – noch viel Freude bereiten. Dessen bin ich mir sicher.

Zeit zu verkosten

Nach dieser mehr als gelungenen ersten Überraschung ging es dann zurück ins Gutshaus. Hier durfte ich in den frisch renovierten und um moderne, sehr gut in die alten Räumlichkeiten integrierte Möbel ergänzten Räumlichkeiten des Gutshauses den aktuellen Jahrgang sowie ausgewählte gereifte Weine verkosten. Die Verkostungsnotizen finden Sie am Ende meines Beitrags.

Nach einer intensiven und dennoch kurzweiligen Verkostung legten wir dann am Abend noch eine Kochsession in privatem Rahmen ein, weshalb ich hierzu nicht näher berichten werde. Allerdings muss eines gesagt werden. Es war die dritte und ebenso erfreuliche Überraschung des Tages.

Anmerkung: Detaillierte Informationen zu meinen Verkostungsnotizen und Weinbewertungen findest du hier.

Verkostungsnotizen

Rheingau Riesling trocken, 2022
Die Nase zeigt sich frisch mit reifen Steinfrüchten.
Am Gaumen besticht der Wein durch eine knackige Säure, eine polierte Textur und einen subtilen, aber anregenden Säureschub. Der Wein präsentiert sich elegant und saftig.
Endet mit einer Fülle von Steinobstnoten, die gleichermaßen verlockend und saftig sind. Insgesamt erfreulich und erfrischend. (2023-2027) – Good

Kiedricher Riesling trocken, 2022
Eine ausgewogene Nase flüstert von reifen Steinfrüchten und führt zu einem dichten, dennoch raffinierten Gaumen, gekennzeichnet durch Eleganz, Ausgewogenheit und einer polierten Säure.
Der Abgang ist saftig, getragen von einer zarten, samtigen Textur. Eine kurze Reise geprägt von ruhiger Eleganz und geschmackvoller Finesse. Fantastisch in den nächsten 5-10 Jahren. –Good

Klosterberg Riesling trocken, 2022
Aromen von reifen Steinfrüchten, tief und subtil exotisch mit Anklängen von Honig und Wachs.
Der Gaumen ist dicht und intensiv, geprägt von feiner Säure und einer cremigen Textur.
Der Abgang ist saftig, lang und wärmend und schafft ein reiches und unvergessliches Geschmackserlebnis. (2024-2030) – Very good

Turmberg Riesling trocken, 2022
Steinige, dunkle Nase mit wilden Blumen und Kräutern.
Der Gaumen ist straff, mit einer leicht scharfen Säure, die noch nicht vollständig ausbalanciert ist.
Der Abgang deutet Gewürze und eine feine, schieferartige Textur an. In der Vergangenheit habe ich überlegene Turmberg-Jahrgänge verkostet. (2024-2029) – Very good

Gräfenberg Riesling Grosses Gewächs, 2021
Eine frische, würzige Nase mit weißen Blüten und saftigen Steinfrüchten führt zu einem Gaumen, der fein, saftig und perfekt ausgewogen mit lebendiger Säure ist.
Elegant und lebendig, der Wein endet mit anhaltender Würze, außerordentlicher Länge und einer lebendigen, rasenden Saftigkeit.
Mit einem enormen Potenzial zeigt dieser Wein vielversprechende Entwicklungsmöglichkeiten über die nächsten zwei Jahrzehnte hinweg. Nicht vor 2025 trinken. – Great

Gräfenberg Riesling Grosses Gewächs, 2020
Reife Steinfrüchte, Akazienhonig, eine Spur von Tabak und Malz formen eine komplexe Nase.
Am Gaumen zeichnet sich der Wein durch saftige Säure, perfekte Balance und fortgeschrittene Reife im Vergleich zum Jahrgang 2021 aus.
Vielschichtig, konzentriert und eine dezent cremige Textur zeigen sich im warmen, malzigen Abgang, der dicht und kompakt ist. (2023-2033) – Excellent

Gräfenberg Riesling Grosses Gewächs, 2015
Eine einladende Nase von Steinobst, Apfel, Birne und dezent exotischen Noten.
Am Gaumen offenbart der Wein Reife mit Anklängen von Honig und getrockneten Früchten, ergänzt durch die charakteristische Rauchigkeit des Gräfenbergs, eine lebendige Säurestruktur, eine ausgewogene, schmelzige Textur und reine Eleganz. Der Abgang ist bemerkenswert lang, mit anhaltenden Aromen von weißem Pfeffer. Wunderbar! (now-2034) – Great

Monte Vacano Riesling, 2020
Von Anfang an fesselt mich dieser Wein mit einer dichten, äußerst konzentrierten Nase, die dunkle, kandierte Früchte und dezente Anklänge von Brioche zeigt.
Am Gaumen behält er seine Dichte und Intensität bei, strahlt Lebendigkeit aus mit einer saftig-frischen Säure und einem Hauch von cremiger Textur.
Der Abgang ist ein Tanz von minzigen und Steinobstnoten, monumental lang und intensiv befriedigend – scheinbar endlos. Wahrlich ein Meisterwerk. (2025-2050) – Great

Turmberg Riesling Spätlese, 2009
Eine ölige, konzentrierte Nase offenbart reife kandierte Früchte und exotische Noten.
Der Gaumen ist dicht und intensiv, mit ausgewogener Säure, reifen Nuancen, Honig und einer angenehmen Textur.
Der Abgang ist lang, wärmend und fein samtig – eine harmonische Reise voller Fülle und Ausgewogenheit. (now-2042) – Very good

Gräfenberg Riesling Auslese, 2022
Eine exotische, frische und charmant süße Nase führt zu einem Gaumen von Dichte, extremer Saftigkeit und lebendiger Säure mit feinem Schmelz und ausgewogener Textur.
Der Abgang ist bemerkenswert lang, durchzogen von saftigen Früchten und verführerischer Süße. Eine fesselnde und harmonische Auslese. Bemerkenswerte Leistung in einem so herausfordernden Jahrgang. (now or 2035-2065) – Excellent

Gräfenberg Riesling Beerenauslese, 2016
Eine verführerische Nase von Honigwabe, Bienenwachs, Akazie und Mandeln führt zu einem dicht gepackten und intensiv komplexen Gaumen. Cremige Textur, frische Säure und eine Mischung aus reifem Obst, Honig und Gewürzen.
Der Abgang ist außergewöhnlich lang, wärmend und himmlisch. Unwiderstehlich verführerisch und komplex,nimmt er ihn mit auf berauschende Reise von Anfang bis Ende. (now-2076) – Great

Erkenntnisse

Auch bei den 22ern von Robert Weil hat sich mein Eindruck aus dem Jahrgang 2022 bestätigt. Die Weine zeigen deutlich mehr reife, teilweise auch warme Noten wie in 21. Gleichzeitig ist die Säure oftmals frisch und doch überraschend präsent.

Ob sich 2022 mit merklicher Reife weiterhin positiv entwickelt, wage ich jedoch weiter zu bezweifeln. Das spricht den Weinen allerdings nicht ihre exzellente Qualität ab. Vielmehr rate ich zu einem eher früheren Genuss der 22er während die 21er getrost ein paar weitere Jahre im Keller verschwinden dürfen. Die 22er zeigen jetzt gerade von einer so charmanten und saftigen Seite, warum also länger warten?

Die Weine von Weil besitzen die bemerkenswerte Fähigkeit, wunderschön zu reifen. Und das sowohl in warmen als auch (vor allem) in kühleren Jahren. Das zeigte mir sich einmal mehr nach diesem Tasting. Sind die Weine in ihrer Jugend manchmal etwas unspektakulär und zurückhaltend, so strahlen sie mit Reife und zeigen ihre zeitlose Eleganz. Gereifte Weil Weine sind jedes Mal wieder ein besonderes Erlebnis. Für Gaumen und Seele.

Einmal mehr durfte ich feststellen, dass das Weingut Robert Weil mit Wilhelm Weil an seiner Spitze den perfekten Balanceakt aus Traditionsbewusstsein und moderner Dynamik verankert – derart konstant gelingt das nur den allerwenigsten.

Zurecht seit mehr als 100 Jahren ein ikonisches Weingut.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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