Mit seinem ersten eigenen Jahrgang startete Alex 2021 direkt voll durch. Zwar war die Menge gering, dennoch war die Neugier am Markt so groß, dass er bereits nach kurzer Zeit bei den meisten Händlern vergriffen war. Einen Hype kreieren ist jedoch bei weitem nicht so schwer, wie sein langfristiges Aufrechterhalten. Doch auch dies scheint dem charmanten und bodenständigen Jungwinzer aus Rüdesheim auf Anhieb zu gelingen. Die Auszeichnung zur „Entdeckung des Jahres 2023“ im Vinum Weinguide ist ein erstes Indiz hierfür.
Max Kaindl, 23. Dezember 2023
Lesezeit etwa 7 Minuten
Alexander Schregel:
Rheingau neu gedacht
Verschneites Rüdesheim
Das erste Mal traf ich Alex im Januar 2023. Den Namen Schregel hat mir zuvor ein befreundeter Weinhändler aus dem Rheingau auf meine Frage nach einem spannenden Newcomer aus dem Rheingau wärmstens empfohlen. Nach der Verkostung seines 2021er Rüdesheim R war mir dann auch schnell klar: Diesen Mann will ich kennenlernen. Wer einen derart straffen, komplexen, fein strukturierten und facettenreichen Ortswein als Erstlingswerk auf die Flasche bringt, von dem ist wohl Großes zu erwarten.
Angekommen im verschneiten Rüdesheim, hatte ich erstmal Schwierigkeiten, das „Weingut“ – das man wohl passender als Garagen- oder Kellerweingut beschreibt – zu finden. Handyempfang hat Alex in seinem alten Kellergewölbe auch kaum, sodass ich erst einmal mehrmals um den Häuserblock irrte, ehe mich ein freundlicher und zunächst zurückhaltender junger Winzer begrüßte. Neugierig auf seine Lagen am (noch) unbekannteren westlichen Rand des Rheingaus, in Lorch, fuhren wir direkt zur örtlichen Besichtigung. Auf dem Weg dorthin erzählte mir Alex alles über seine Idee und Vision hinter Schregelwein.
Er sprach mit großer Leidenschaft über seinen Traum und seine zukünftige Vorstellung von SchregelWein.
Der Traum vom eigenen Weingut
Alex träumte schon immer davon, den eigenen Namen auf dem Weinetikett zu lesen und dabei auch zu 100 Prozent hinter den Weinen zu stehen. Um sich diesen zu ermöglichen, hat er zunächst Weinbau und Önologie am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße studiert. Im Anschluss folgte die Ausbildung zum Winzer in renommierten Betrieben wie den Weingütern Fürst, Künstler, Rotkäppchen Mumm und Leitz. Bei letzterem arbeitet der junge Winzer noch heute in führender Postion im Außenbetrieb.
Als Rüdesheimer Jung kennt Alex die örtlichen Weinberge wie seine eigene Westentasche und weiß, wo es noch unentdeckte Spitzenparzellen zu ergattern gibt. Zumindest soweit dies im und rund um den dichtbepflanzten Rüdesheimer Berg möglich ist.
Seinen Debütjahrgang 2021 hat Alex mit drei Weinen aus Rüdesheimer Lagen, größtenteils Berg Roseneck und Bischofsberg, gefeiert. Mit seinem zweiten Jahrgang 2022 erweiterte er dann sein Portfolio um interessante Parzellen in dem (für mich) noch etwas unter dem Radar laufenden Ort Lorch.
Lorch – das wiederentdeckte Juwel im Rheingau
Lorch liegt am westlichen Ausläufer des Rheingaus, hinter der Rhein-Biegung, am Übergang zum Mittelrhein. Der einzige Weg dorthin führt über die recht enge Straße hinter Rüdesheim, direkt am Rhein entlang. Picturesque aber nicht gerade besucherfreundlich. Dies ist wohl, neben den für Spitzenweine bisher eher zu kühlen Temperaturen, mit ein Grund für den in der breiten Weinwelt bisher noch ausgebliebenen Erfolg dieses Ortes.
Alex hat hier Parzellen in den Spitzenlagen Schlossberg und Kapellenberg erwerben können. Teilweise extrem steile und alte Parzellen, mit wenig Pro-Stock-Ertrag. 100% Handarbeit ist alternativlos. Umso spannender sind aber die Resultate. Eva Fricke, Nachbarin von Alex im Schlossberg, konnte bereits einige internationale Erfolge mit ihren trockenen und edelsüßen Weinen aus Lorch erzielen. Alex wünscht sich langfristig wohl selbiges für seine Weine, obwohl er das so direkt und offen nie sagen würde. Zu bescheiden und zurückhaltend ist der dennoch zielstrebige Winzer hierfür.
Ein Mann und seine Weinberge – biodynamisch neue Wege im Rheingau
Alex’ Leidenschaft gilt den Weinbergen. Er verkörpert das Bild eines archetypischen Winzers. Gummistiefel und Engelbert Strauss Vollausrüstung. Am entsprechenden Weinbergsauto – einem alten Land Rover – muss er allerdings noch arbeiten. Spaß beiseite.
Alex setzt seinen Fokus klar auf die Weinbergsarbeit. Sein Motto lautet hier „Back to the roots“. Unter der Verwendung von biodynamischen Methoden (jedoch ohne jegliche Dogmen) versucht er den ursprünglichen Rheingauer Stil in seinen Rieslingen wieder zum Leben zu erwecken. Im Keller sollen die Weine dann nur noch begleitet werden. Übermäßiges Eingreifen und Nutzen von Schönungsmitteln lehnt er strikt ab. Alle Weine werden spontan vergoren und lange auf der Hefe ausgebaut. eilweise experimentiert er auch mit der Zugabe ganzer, gesunder Trauben zum vergärenden Most. Welch spannendes Unterfangen, das lebendige, komplex strukturierte und dennoch extrem trinkfreudige Weine hervorbringt. Ein Stil, der auf diese Weise einzigartig im Rheingau ist.
Ich durfte mir von seinen 2022er Weinen einen ausführlichen Eindruck bei einer intensiven Verkostung seiner Fässer im Januar 2023 machen. Im Sommer konnte ich dann auch noch einzelne, bereits gefüllte Weine nachverlosten Was blieb mir als Erkenntnis? Nun, Alex hat es bereits mit seinem zweiten Jahrgang geschafft, eine klare Charakteristik seiner Weine herauszuarbeiten. Neben einer stets zurückhaltenden Rieslingfrucht glänzen seine Weine vor allem durch eine feine Kräuterwürze, hellen Blüten, salziger Struktur, einer gewissen Purisitk und viel Substanz. Und das beginnend beim Gutswein bis hin zu seinen Lagenabfüllungen. Beeindruckend.
Ich erinnere mich noch gut an die Fassproben aus dem Kapellenberg und Schlossberg. Beide liesen mich sprachlos zurück. Die wohl passendste Beschreibung für mein Gefühl beim Verkosten war die beides mal mich überkommende Gänsehaut.
Alexander Schregel produziert Rieslinge mit Enthusiasmus, Leidenschaft und Know-how und legt dabei viel Wert darauf, die Herkunft der Weine durch präzises Arbeiten zum Vorschein zu bringen. Inmitten von Rüdesheim ist ein neuer Riesling Star am Rheingauer Weinhimmel geboren, der in Zukunft noch für einiges Aufsehen sorgen wird.