Rheinhessen VDP GG
41 Weine gab es zu verkosten. 33 davon waren Rieslinge. 2022 wenn nicht anders angegeben.
Insgesamt gab es in Rheinhessen deutlich mehr Licht als Schatten zu entdecken. Die Spitzenweine strahlten zwar vereinzelt nicht so extrem wie in 2021 aber das hatte ich auch nicht wirklich erwartet. Auch hier waren einzelne Weine von deutlich Trockenstress gezeichnet. Weinberge mit alten Rebbeständen konnten diesen jedoch ziemlich gut pufern. Los geht’s.
Am Binger Eck hat der Scharlachberg dieses Jahr ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt. Wagner-Stempel und Bischel lieferten beide beeindruckende Exemplare ab Während Wagner-Stempel’s Interpretation eher in die reifere, zart-schmelzige Frucht und Würze Richtung mit leicht süßlichem Kern aber dennoch fest gewirkter Substanz tendierte, zeigte sich Bischel mit einem sehr hellen, von weißen Blüten gezeichneten, fein-saftigen Vertreter mit ebenfalls leicht süßlichem Kern und würziger Phenolik. Beide hatten ihren gänzlich eigenen Charme. Beide Excellent.
Bischel wartete dann noch mit einer sehr starken, tief-würzigen, fest gewirkten, zupackenden und mit saftiger Steinfrucht versehenen Herrkretz auf. Excellent. Strahlender und feiner fand ich jedoch den Hundertgulden aus gleichem Hause. Die Nase verführte einen auf eine Blumenwiese mit vielen weißen Blüten. Am Gaumen ging es dann jedoch so richtig los. Morz Zug, zitrisch, zestig, fein-saftig, toller Schmelz, sehr fester Kern und dann doch eher tänzelnd, fein und mit mitreißender Kräuterwürze im langen finish. O das war toll. Excellent. Somit lieferte Bischel auf Grund der dichte an fantastischen Weinen für mich auch die stärkste Kollektion der Region ab.
Das qualitative Highlight der Region sowie auch meiner gesamten Verkostung fand ich allerdings am Roten Hand. Genauer gesagt am Rothenberg. Gunderloch und Kühling-Gillot (KG) lieferten jeweils zwei typische, wenn auch sehr unterschiedliche, Vertreter des berühmten rotliegenden Berghangs bei Nackenheim ab. Während Gunderloch eher mit einer sehr ausgeprägten rot-würzigen, rotbeerigen, extrem fein wirkenden Interpretation mit einem ungemein dunklen, fein-saftigen, salzigen und festen Kern überzeugte, bespielte KG mehr die etwas wärmere dennoch feste und zupackende Version des Jahrgangs. Trotz der Wärme fand ich bei KG mehr Tiefe, festere Phenolik, höhere Spannung und eine ungemein betörende tänzelnde Art. Beides auf seine Weise great. Am deutlichsten, wenn auch mir persönlich etwas zu extrem, war die Bodentypizität des Roten Hangs im Hipping bei allen Vertretern zu spüren. Hier überwog vor allem bei Gunderloch eine extrem rotbeerige, eisen-würzige Nase (excellent). Zu erwähnen sei hier auch noch der ebenfalls excellent gelungene Ölberg von KG. Eine Lage, die mir in den letzten Jahren nicht sonderlich zugesagt hatte. Dieses Mal überzeugte sie aber mit sehr fein marmorierter Säure, festem Kern, sehr würzigen, dunklen Noten und animierend reifer Frucht.
Der Wonnegau tat sich in einem ingesamt hervorragenden Rheinhessen Feld etwas schwer. Bei Wittmann überzeugte mich dieses Jahr, einmal mehr, besonders die Aulerde und überragte ihre beiden großen Brüder Morstein und Brunnenhäuschen sogar ein wenig. Die Nase zeigte sich zwar mit der für die Lage typisch reifen gelben, fast schon exotischen Frucht. Vor allem am Gaumen legte dann aber ein wahres Feuerwerk los. Lebendige Säure spielte tänzerisch mit fein-saftiger Frucht und weißem Pfeffer, dabei stets mit guter Spannung und Tiefe bewahrend. Im finish zeigte sich dann ein charmanter Schmelz und vibrierende Würze. Sehr gelungen. Excellent.Battenfeld-Spaniers Weine zeigten sich alle doch noch etwas molliger als bei meinen ersten Eindrücken im Juni. Dieses Jahr hatte der Zellerweg am Schwarzen Herrgott die Nase vorn. In der Nase helle, klare Frucht, dann steinig und leicht kreidig, jedoch nicht so tief wie gewohnt. Am Gaumen zunächst leicht laktisch (das verflog aber beim zweiten Schluck), wich dann viel rauchig-würziger Textur, saftigem Apfel und feiner Säure. Trotzdem wird das wohl stets ein opulenter Vertreter bleiben. Excellent.
Anmerkung: Als Weine zum jetzigen Genuss präsentierten sich das Pettenthal von Rappenhof (leicht süßliche, reife gelbe Frucht, cremiger Schmelz, rote Beeren und feine Säure mit guter Tiefe) sowie der Höllberg von Wagner-Stempel (reife, leicht exotische Frucht gepaart mit charmantem Säurespiel und saftigem Finish) Beide very good. Knewitz Steinacker hat mich erst beim Nachverkosten abgeholt. Dann aber so richtig. Steinige, gelbfruchtige, blumige und strahlende Nase mit etwas Kamille dahinter. Am Gaumen dann, wie der Name verrät, sehr steinig, hell mit merklicher Säure, zupackender Phenolik und skelettartiger Struktur. Sehr gelungen. Excellent.