Sulzfeld, ein Ort wie aus dem Bilderbuch. Kopfsteinpflaster, Fachwerk, Muschelkalk unter den Füßen – und mittendrin der Zehnthof. Ein Hof mit Geschichte. Und mit Weinen, die längst selbst Geschichte schreiben. Philipp Luckert hatte mich eingeladen, um ein wenig in diese Geschichte einzutauchen. Oder besser gesagt: durchzutrinken. Nicht wahllos, sondern fokussiert. Maustal-Silvaner – von 2024 zurück bis 2015. Eine Reise durch heiße und kühle Jahre, durch Reife und Jugend, durch einen Stil, der so präzise wie unverkennbar ist.

Max Kaindl, 4. August 2025
Lesezeit etwa 5 Minuten

Zehnthof Luckert –
Silvaner als Synonym

Der Zehnthof – Familienbetrieb mit Eigensinn

Ulrich, Wolfgang und Philipp Luckert führen den Zehnthof als das, was er sein soll: als Gegenentwurf zum lauten Weinmarketing dieser Welt. Keine Chichi-Barrique-Spektakel, keine vergurkten Moden – sondern Weinbau mit Haltung. Biologisch, kompromisslos, naturnah. Was hier zählt, sind gesunde Böden, lebendige Reben und der Wille, Silvaner in seiner feinsten Form zu interpretieren. Ausgebaut werden die Silvaner im traditionellen Stückfass, spontanvergoren, auf der Vollhefe, mit Malo. Klingt klassisch? Ist es. Und genau deshalb so gut. Wer heute noch glaubt, Silvaner sei der Spargelwein der Nation, sollte hier mal aufschlagen.

Was Luckert macht, macht keiner

Viele sagen: Luckert sei der beste Silvaner-Produzent Deutschlands. Ich sage: Luckert ist Silvaner. Kein anderer Betrieb hat es geschafft, sich so untrennbar mit dieser Rebsorte zu verbinden – und ihr gleichzeitig ein derart unverwechselbares Gesicht zu geben. Luckert hat den Silvaner entschlackt. Kein Fruchtspektakel, keine Pompösität. Stattdessen: Klarheit, Saft, Struktur und dieser ganz eigene Luckert-Schmelz. Tänzelnde Leichtigkeit trifft auf innere Spannung. Diese Weine sind wie ein gut gesetzter Akkord – nichts zu viel, nichts zu wenig. Wer sie kennt, erkennt sie. Blind. Immer. Denn so schmeckt nur Zehnthof.

Meine Tasting Notizen –
2024er Ortsweine & 1G

Silvaner, 2024

Der Einstieg – aber alles andere als einfach. Kühl, klar, mit leiser Würze. Saftige Frucht, fast schwebend, dabei in sich ruhend. So einfach, so gut.

Sulzfelder Silvaner, 2024

Feingliedrig, präzise, charmant. Leichte Gelbfrucht, mineralisch unterlegt, kalkig im besten Sinne. Hat Zug, hat Stil.

Roter Silvaner, 2024

Blumiger Auftakt, dann würzig-kühl. Zarte Gerbstoffe, feine Phenolik, leicht trocknend, aber mit Struktur und Grip. Länge? Da. Sehr eigen, sehr spannend.

Blauer Silvaner, 2024

Leicht cremig, mit herb-grünen Anklängen. Straff gebaut, saftig, mineralisch – zieht am Gaumen und bleibt. Ruhig, aber präsent.

Gelber Silvaner Alte Reben, 2024

Klar und präzise. Leichte Reduktion, helle Frucht, feiner Schmelz. Mehr Tiefe, mehr Textur, lang und straff. Ein echtes Statement.

Sulzfelder Berg Silvaner Gelbkalk 1G, 2023

Hier wird’s intensiver: Reife gelbe Frucht, vibrierende Säure, spürbarer Grip. Kraftvoll, aber fokussiert. Langer salziger Nachhall – fordernd, aber belohnend.

Meine Tasting Notizen –
Maustal GG 2023-2015

Maustal Silvaner GG, 2023

Jetzt geht’s ans Eingemachte: Enorme Dichte, salzige Tiefe, tänzelnde Frische. Dezente gelbe Frucht, feiner Gerbstoff, ein Hauch Rauch. Langer Nachhall, eleganter Nachdruck. Große Klasse.

Maustal Silvaner GG, 2019

Reif, saftig, komplex. Fenchel, gelbe Frucht, feine Würze. Viel Saft, viel Spannung. Langer, fokussierter Abgang – Silvaner in Hochform.

Maustal Silvaner GG, 2016

Kühl, fast scheu. Glockenklar, filigran, leicht cremig. Leiser Wein, der sich öffnet, je länger man ihn im Mund lässt. Tänzelnd, seidig, perfekt balanciert. Mein persönlicher Favorit.

Maustal Silvaner GG, 2015

Mehr Würze, mehr Reife. Saft, Struktur, reife gelbe Frucht. Kompakt, leicht alkoholisch, aber dennoch zupackend und präsent. Bleibt haften.

Und was bleibt?

Diese Weine zeigen, was Silvaner kann – und was er sein will, wenn man ihn lässt. Luckert macht keine Weine fürs Schaufenster, sondern fürs Nachdenken. Und zum Trinken, keine Frage. Wer sich drauf einlässt, bekommt hier Silvaner auf Weltklasse-Niveau. Und vor allem: einen Stil, der nicht kopiert werden kann. Wie Egon Müller für edelsüßen Riesling, wie Klaus Peter Keller für trockenen Riesling – steht auch der Zehnthof Luckert für das, was Silvaner sein kann: die Quintessenz einer Rebsorte.

Davor ziehe ich den Hut. Und bestelle die nächste Flasche.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Hi,
    Schöne Artikel, leider viel zu kurz. Gern mehr zu Herstellungsmethode, Lage, Böden und sonstigen interessanten Themen inkl. Interview vom Produzenten.

    Antworten
    • Danke dir für das Feedback, Arne – freut mich sehr, dass dir der Artikel gefallen hat! Und ja, du hast recht: Da steckt noch viel mehr drin. Ein ausführlicherer Beitrag mit mehr Einblicken zur Vinifikation, Lagen und Böden sowie einem Interview mit Philipp ist auf jeden Fall geplant. Dann auch mit Einblicken aus den Weinbergen. In diesem Aritkel ging es mir primär um die Verkostung der Weine. Stay tuned!
      Viele Grüße
      Max

      Antworten

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