Wenn zwei Weine wie Schwergewichte in den Ring steigen – beide 2017, beide Riesling, beide aus legendären Häusern –, dann wird nicht gekuschelt. Dann geht es um Tiefe, um Herkunft, um das, was bleibt, wenn der Lärm verklungen ist. Ich war neugierig und habe den Saumagen R Spätlese trocken von Koehler-Ruprecht aus der Pfalz gegen den Frédéric Emile von Trimbach aus dem Elsass verkostet. Zwei Länder. Zwei Giganten. Ein Jahrgang. 2017er Riesling-Kulturkampf auf allerhöchstem Niveau.
Max Kaindl, 6. Juli 2025
Lesezeit etwa 3 Minuten
Pfalz vs. Elsass: Saumagen R gegen Frédéric Emile.
Was sie eint
Beide 2017er sind Rieslinge von beeindruckender innerer Spannung. Sie strahlen diese ruhige Autorität aus, die nur hervorragende Jahrgänge mitbringen. Reife Frucht ohne Opulenz, Kraft ohne Kitsch, Säure mit Verstand. Es ist diese schwer zu fassende Balance aus Struktur, Länge und Transparenz, die sofort klarmacht: Hier hat alles gepasst.
2017 steht in beiden Fällen für eine seltene Synergie: vollreife Frucht trifft auf präzise, schnurgerade Säure. Keine fette Behäbigkeit, sondern vibrierende Energie. Beide Weine leben von ihrer inneren Architektur – wie ein perfekt gezeichneter Bauplan für Langlebigkeit.
Was sie unterscheidet
Der Saumagen R ist ein Monument. Dunkler, dichter, fast monolithisch in seiner Textur. Gelbe Frucht, Tabak, Kreide – das kommt mit einer Wucht und gleichzeitig so viel Würde daher, dass man unweigerlich still wird. Das ist kein Riesling für die Terrasse, das ist Riesling für die Ewigkeit. Ausgebaut mit maximalem Ernst, am Punkt gelesen, lang auf der Hefe, in Flaschen gereift – hier ist alles auf Konzentration, Tiefe und Ausdruck getrimmt.
Der Frédéric Emile hingegen spielt mit dem Florett. Kein Ballett, kein Leichtgewicht – aber eben auch kein Vorschlaghammer. Zitrus, Kräuter, Fenchel, zartes Salz, alles tänzelt, dreht sich, leuchtet. Der Wein will verstanden, nicht nur bestaunt werden. Und das macht ihn so charmant. Trimbach setzt auf Edelstahl, keine Malo, kein Firlefanz – und dennoch ist dieser Wein kein Kind der Kälte, sondern der Präzision.
Warum das so ist
Die Gründe? Stilistik, Philosophie, Terroir. In der Pfalz bringt der Saumagen seine berühmte Kombination aus Kalkstein und Löss mit – und bei dieser R-Selektion wird jedes Detail noch einmal geschärft. Der Wein wirkt fast barock, aber ohne Fett.
Im Elsass hingegen regieren Mergel und Sandstein, das Klima ist kontinentaler, die Säure wird höher, die Frucht oft gelber. Trimbach vinifiziert kompromisslos trocken, der Wein wird fast puristisch gedacht – und 2017 gab’s dafür die idealen Voraussetzungen.
Mein Fazit
Pfalz vs. Elsass. Zwei große Weine, zwei verschiedene Denkweisen. Der eine ist Burgund mit deutscher Präzision. Der andere: Saar mit französischer Seele.
Wer Tiefe, Dichte und monumentale Ruhe sucht, greift zum Saumagen R.
Wer elektrisierende Feinheit mit salzigem Grip sucht, trinkt Frédéric Emile.
Ich? Nehme beide. Und ein bisschen Demut dazu.
