Bis vor Kurzem für mich eher ein weißer Fleck auf der Landkarte des deutschen Weins. Irgendwo zwischen Churfranken und Spessart, irgendwo da, wo der Main sich langsam durch sandige Böden schiebt und die Weinberge nach Süden blicken. Mehr wusste ich nicht. Und genau das war der Grund, warum ich Anfang Juli einfach hinfahren musste.

Philipp Giegerich hat sich Zeit genommen. Ein Nachmittag nur für Weinberge, Böden, Lagen, Unterschiede. Großwallstadt, Rück, Wörth, Klingenberg – wir sind alles abgefahren. Immer wieder ausgestiegen, Boden in die Hand genommen, geschaut, erklärt, diskutiert. Ein Nachmittag für Nerds – im allerbesten Sinne.

Max Kaindl, 20. Juli 2025
Lesezeit etwa 3 Minuten

Großwallstadt? Da war doch was…

was mich überrascht hat?

Wie stark die Unterschiede auf engstem Raum sind. Lössauflagen, Buntsandstein, mal tiefergründig, mal karg. Was mich noch mehr überrascht hat: Wie sehr Philipp sich mit jedem Quadratmeter beschäftigt. Kein „läuft schon“. Sondern ein kompromissloser Blick auf Details. Auf Zeilenbreiten, Unterstockpflege, Begrünung. Einer, der nachdenkt, hinterfragt, ausprobiert. Neugierig, wissbegierig, nie zufrieden. Und genau das macht ihn so spannend.

Wir haben uns festgequatscht. So sehr, dass am Ende keine Zeit mehr blieb für eine große Verkostung. Aber ehrlich: Das war egal. Die Gespräche hatten mehr Wert als jede Flasche, die wir hätten aufmachen können.

Abends dann – ganz unverhofft – die erste Ahnung davon, wohin die Reise geht.

Blind ins Glas: Chardonnay R 2023. Saftig, straff, mineralisch, mit diesem Hauch Reduktion, der gute Chardonnay so sexy macht. Daneben der Grande Cuvée Sekt No. 2. Ein Brett von einem Sekt. Hefewürze, Brioche, Länge, Druck, nichts Plattes, nichts Banales. Man merkt sofort, dass hier jemand mit einem klaren Ziel arbeitet. Präzision statt Breite, Substanz statt Spielerei. Lediglich die Balance aus rassiger Säure und saftigem Trinkfluss fehlte mir ein wenig. Ich denke 1-1,5gr. Dosage würden dem Sekt den letzten Schliff geben. Aber das ist auch meckern auf sehr hohem Niveau.

Philipp Giegerich beeindruckt mich.

Nicht, weil er laut wäre. Im Gegenteil. Er wirkt eher zurückhaltend, aber dahinter brennt es. Ehrgeiz, Wille, ein ständiger innerer Antrieb, das Ding – sein Ding – besser zu machen. Zusammen mit seinem Bruder Kilian und Vater Klaus bringt er das Weingut Stück für Stück dahin, wo es hingehört: An die Spitze der Region.

Spätburgunder ist seine große Leidenschaft. Klingenberger Schlossberg das Mammutprojekt. Hanglagen, die andere längst aufgegeben haben, bringt er zurück. Mauer für Mauer. Rebe für Rebe. Ein Knochenjob, für den man mehr braucht als Durchhaltevermögen. Man braucht Vision.

Was bleibt von diesem Besuch?

Ein Nachmittag, der mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet hat. Ein Weingut, das ich vorher nicht auf dem Zettel hatte und jetzt unbedingt weiterverfolgen werde. Und ein Gefühl: Hier passiert was. Still, leise, aber mit großer Konsequenz.

Teil 2 ist fest eingeplant. Mit mehr Zeit. Und mehr Wein. Versprochen.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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