Das Weingut Bassermann-Jordan in Deidesheim, gelegen im Herzen der Pfalz, zählt heute (wieder) zu den führenden Weingütern Deutschlands. Als ich das letzte Mal im Juni vor Ort war, konnte ich mich erneut von der beeindruckenden Qualität und dem reichen Erbe dieses, für den deutschen Weinbau so wichtigen, Weinguts überzeugen. Doch wie hat es Bassermann-Jordan geschafft, seine heutige Spitzenstellung zu erreichen und die Geschicke des deutschen Qualitätsweinbaus über nunmehr drei Jahrhunderte maßgeblich mitzugestalten?

Max Kaindl, 17. Juli 2024
Lesezeit etwa 6 Minuten

Bassermann-Jordan: Ein Juwel der Pfälzer Weinkultur

Die Anfänge: Von Johann Peter Jordan zu Andreas Jordan

Um dieser Frage auf die Spur zu kommen, lohnt sich ein Blick zurück zu den Anfängen der Geschichte von Bassermann-Jordan. Sie beginnt im Jahr 1773, als Johann Peter Jordan nach Deidesheim zog, um den Küferberuf zu erlernen. Seine Heirat mit Apollonia Reichardt im Jahr darauf legte den Grundstein für das heutige Weingut.

Andreas Jordan, ihr Sohn, führte das Weingut nach dem Tod seiner Eltern weiter und prägte es maßgeblich. Mit dem Wissen aus seinem Philosophiestudium in Mainz und den weinbaulichen Erfahrungen, die er im nahegelegenen Rheingau erlernte, brachte er Innovationen in den Weinbau der Pfalz. Andreas Jordan setzte früh auf den Riesling Anbau und verfeinerte die Techniken der Weinlese und -verarbeitung, wodurch er die Grundlage für den heutigen deutschen Qualitätsweinbau legte. Die von Andreas Jordan eingeführten Parameter wie das Abwarten des richtigen Zeitpunkts bei der Weinlese bis zur Edelfäule, das sortenreine Verarbeiten im Keller, sowie das Bevorzugen von edlen Rebsorten (Riesling, Spätburgunder) sind noch heute gültige Eckpfeiler des Qualitätsweinbaus.

Zudem nutzte er die politischen Veränderungen der Zeit geschickt für das Wachstum seines Betriebs. Die französische Besatzung der Pfalz ermöglichte es ihm, wertvolle Ländereien auf Versteigerungen zu erwerben. Er erweiterte das Weingut kontinuierlich und konnte sich so als einer der größten und erfolgreichsten Winzer der Region etablieren.

Ein entscheidender Einschnitt für die Familie und das Weingut erfolgte im November 1848 mit dem Tod Andreas Jordans. Da kein schriftliches Testament vorlag, wurde sein Besitz zwischen seinen drei Kindern gleichmäßig geteilt. Aus dieser Erbteilung gingen die Weingüter Reichsrat von Buhl, Deinhardt (heute Von Winning) und Bassermann-Jordan hervor.

Internationaler Ruhm: Die Ära von Ludwig Andreas Jordan

Ludwig Andreas Jordan, der Sohn von Andreas, führte Bassermann-Jordan in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dann zu internationalem Ruhm. Durch seine Heirat mit Seraphine Buhl und die anschließende Verwaltung der Wingerte seines Onkels Peter Heinrich Jordan erweiterte er das Geschäft beträchtlich. Die Familie Jordan nutzte geschickt die neuen Vermarktungsmöglichkeiten durch Industrie- und Gewerbeausstellungen, wo ihre Weine regelmäßig prämiert wurden. So erhielten sie unter anderem Goldmedaillen bei den Weltausstellungen in Paris 1867 und Wien 1873. Aber wie genau hat Ludwig Andreas Jordan den internationalen Markt erobert? 

Jordan wäre in der heutigen Zeit als „Marketinggenie“ verehrt worden. Er nutzte seine umfangreichen Kontakte in die Politik sowie sein wirtschaftliches Geschick, um den Vertrieb der Weine weit über die Grenzen der Pfalz hinaus auszudehnen. Durch die Teilnahme an internationalen Ausstellungen und Messen konnte er die Qualität seiner Weine unter Beweis stellen und neue Märkte erschließen. Besonders die Goldmedaille bei der Pariser Weltausstellung 1867 war ein Meilenstein, der den Ruf des Weinguts festigte und die Weine von Bassermann-Jordan in die Welt hinaustrug. Seiner Weitsichtigkeit verdankt das Weingut noch heute einen legendären Ruf als führendes Weingut des 19. Jahrhunderts. Sein Ruhm strahlte auch auf andere Weingüter in der Region ab. Dadurch zählte die Pfalz im 19. Jahrhundert zu den führenden Weinbauregionen Deutschlands. 

Ein Jahrhundert im Wandel: 1900-1999

Die Wende zum 20. Jahrhundert brachte große Veränderungen für das Weingut. Seit den 1870er Jahren wurde das Weingut von Jordans Schwiegersohn, dem Mannheimer Kaufmann Emil Bassermann, weitergeführt. Der bayerische König genehmigte Emil Bassermann und seiner Frau Auguste 1883 den Namen Bassermann-Jordan zu führen.

Die Goldenen Zwanziger und der Erste Weltkrieg

Die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts waren geprägt von Wohlstand und Wachstum. Friedrich von Bassermann-Jordan, Emil Bassermanns Sohn, übernahm die Leitung des Weinguts und setzte die Innovationsfreude seiner Vorgänger fort. Doch der Erste Weltkrieg brachte Herausforderungen mit sich. Die Weingüter hatten mit der Verknappung von Arbeitskräften und Materialien zu kämpfen, und der Exportmarkt brach nahezu vollständig zusammen. Dennoch gelang es Friedrich, das Weingut durch diese schwierigen Zeiten zu steuern und es in den 1920er Jahren erneut zu Erfolg und Ansehen zu führen.

Während des Ersten Weltkriegs spendete die Familie Bassermann-Jordan große Summen für Hilfsorganisationen und 400 000 Reichsmark an den bayerischen Staat. Daraufhin verlieh ihnen der bayerische König Ludwig III. als einer der letzten Familien in Bayern den Adelstitel. Seitdem firmiert das Weingut unter dem Namen „Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan“.

Anmerkung: Zu dieser Zeit war doe Pfalz unter bayerischer Herrschaft.

Der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit

Auch der Zweite Weltkrieg hinterließ Spuren. Die Weinproduktion wurde stark beeinträchtigt, und viele Weinberge wurden beschädigt oder vernachlässigt. Nach dem Krieg musste das Weingut, wie viele andere in der Region, mühsam wiederaufgebaut werden. Ludwig von Bassermann-Jordan, der das Weingut 1959 von seinem Vater Friedrich übernahm, spielte eine entscheidende Rolle in dieser Wiederaufbauphase. Er setzte auf Qualität und Tradition, während er gleichzeitig die Modernisierung des Betriebs vorantrieb.

Die Ära Ludwig von Bassermann-Jordan: 1959-1995

Ludwig von Bassermann-Jordan führte das Weingut in eine neue Ära. Er war nicht nur ein begnadeter Winzer, sondern auch ein aktives Mitglied in zahlreichen Weinbauverbänden. Er verstand es, die traditionelle Weinproduktion mit modernen Techniken zu kombinieren und so die Qualität der Weine weiter zu steigern. Sein tiefes Verständnis für die Region, die Böden und das Klima sowie seine Fähigkeit, Tradition und Innovation zu vereinen, waren maßgeblich für den wirtschaftlichen Erfolg der Nachkriegszeit.

Unter seiner Leitung wurden neue Rebsorten eingeführt und die Kellertechnik modernisiert. Ludwig war auch maßgeblich daran beteiligt, den Export der Weine auszubauen, wodurch Bassermann-Jordan international noch bekannter wurde. Die Weine aus dieser Zeit sind bis heute hochgeschätzt und zeugen von seiner Leidenschaft und seinem Engagement für den Weinbau.

Die Übergangszeit: Margit von Bassermann-Jordan und der Verkauf

Von 1995 bis 2002 führte Margit von Bassermann-Jordan das Weingut nach dem Tod ihres Mannes Ludwig. Diese Zeit war geprägt von Kontinuität und dem Versuch der Bewahrung der hohen Qualitätsstandards, die das Weingut auszeichneten. Doch die Herausforderungen der Globalisierung und der sich schnell verändernden Weinindustrie erforderten neue Ansätze.

Im Jahr 2002 verkaufte die Familie auf Grund fehlender Nachfolge das Weingut schließlich an den Neustädter Werbeunternehmer Achim Niederberger. Dieser Schritt markierte einen neuen Abschnitt in der Geschichte des Weinguts. Niederberger investierte stark in die Modernisierung und setzte gleichzeitig auf die Bewahrung der traditionellen Werte des Hauses. Unter seiner Leitung erlebte das Weingut eine Renaissance und konnte an alte Erfolge anknüpfen.

Führung und Modernisierung unter Jana Seeger

Nach dem frühen Tod von Achim Niederberger im Jahr 2013 leiten seitdem seine Frau Jana Seeger und ihr heutiger Ehemann Peter Hüftlein-Seeger verantwortlich die Geschäfte der drei Niederberg‘schen Weingüter. Die Balance zwischen Tradition und Innovation zu halten ist in der heutigen schnelllebigen Zeit ein Drahtseilakt. Nur selten gelingt dies so gut, wie bei Bassermann-Jordan. Zu verdanken hat dies Frau Seeger vor allem einem langjährigen, erfahrenen und leidenschaftlich arbeitenden Team, das bis vor kurzem vom Pfälzer Urgestein Uli Mell geführt wurde.

In den letzten Jahren hat das Weingut zahlreiche Modernisierungsmaßnahmen durchlaufen. Die Einführung modernster Kellertechnik und die Anwendung neuer Weinbereitungsmethoden zeigen, dass Tradition und Innovation bei Bassermann-Jordan Hand in Hand gehen. Leider musste den Modernisierungsmaßnahmen der Ausbau im altehrwürdigen Steinkeller unterhalb des Weinguts weichen. Die Weine werden heute ausschließlich in neuen Hallen außerhalb von Deidesheim vinifiziert. Lediglich die Schatzkammer sowie die Rüttelpulte für die gutseigenen Sekte finden sich heute noch in den beeindruckenden Steinhallen.

Seinen Ruf als innovativer, neugieriger Vorreiter im Weinbau stellt Bassermann-Jordan auch heute noch unter Beweis. So werden hier neben den klassisch ausgebauten trocknen und edelsüßen Weinen einige spannende Wein-Projekte in die Flasche gefüllt. Wer hätte gedacht, dass ein derart „alteingesessener“ Betrieb Weine aus Amphoren oder Pet-Nat vinifiziert? Bei Bassermann-Jordan sind diese Weine mittlerweile mehr als reine Spielerei. Sie bilden einen festen Bestandteil im vielseitigen Portfolio.

Moderne Entwicklungen: Anpassung an den Geschmack der Zeit

In den letzten Jahren haben sich die Weine von Bassermann-Jordan zunehmend in Richtung eines trockeneren und präziseren Stils entwickelt. Eine notwendige Anpassung an das Geschmacksbild der heutigen Zeit. Der Jahrgang 2023 ist ein exzellentes Beispiel dafür. Nach einem, meiner Meinung nach, eher durchschnittlichen Jahrgang 2022, zeigen sich die 2023er Orts- und Erste Lage Weine von Bassermann-Jordan äußerst vielversprechend. Saftig, fruchtig, mit viel Spannung und einem fein-schmelzigen, sehr animierenden Finish – das macht richtig Freude auf die Großen Gewächse, die im September auf den Markt kommen werden.

Ein Rückblick auf gereifte Meisterwerke: Beerenauslesen und Auslesen

Neben den aktuellen Jahrgängen hatte ich das Vergnügen, einige gereifte Beerenauslesen und Auslesen zu verkosten, die das hohe Qualitätsniveau des Weinguts eindrucksvoll unterstreichen. Die 1994er Kieselberg Beerenauslese beeindruckte mich mit ihrer intensiven Honigsüße und den komplexen Aromen von getrockneten Früchten und Nüssen. Unglaublich Tief und Lang.

Die 2007er Jesuitengarten Auslese präsentierte sich fruchtig und elegant, mit Noten von reifen Pfirsichen und einer feinen mineralischen Struktur. Das Finish war jedoch etwas müde und zehrend.

Mein Favorit war eindeutig die 2013er Jesuitengarten Auslese. Dieser Wein zeigte eine perfekte Balance zwischen Süße und saftig-zitrischer Säure, mit Aromen von exotischen Früchten, einem Hauch von Zitrus und einem langen, cremigen Abgang.

Bassermann-Jordan: Geschichte und Genuss vereint

Der Einfluss der Familie Bassermann-Jordan auf den deutschen Weinbau ist enorm. Nicht nur durch ihre Weine, sondern auch durch ihre aktive Teilnahme an wissenschaftlichen und politischen Diskussionen, haben sie die Weinkultur in Deutschland über die letzten drei Jahrhunderte maßgeblich geprägt. Ihre Weine genießen heute international großes Ansehen und spiegeln die perfekte Kombination aus Tradition und Innovation wider.

Die Verbindung von historischem Erbe und modernster Technologie gelingt bei Bassermann-Jordan meisterhaft. Wer die Gelegenheit hat, die Weine dieses Hauses zu probieren, wird verstehen, warum sie zu den besten der Welt gehören. Mein Besuch im Juni hat mir einmal mehr gezeigt – Bassermann-Jordan ist ein Ort, an dem Wein Geschichte und Genuss perfekt miteinander verschmelzen.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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