Der 2016er Barolo Brunate von Giuseppe Rinaldi erinnerte mich an eine mysteriöse Frau, die du in einer alten, versteckten Jazz-Bar entdeckst. Das Licht gedimmt, der Raum voller Geschichten und Geheimnisse. Sie steht abseits, den Rücken gerade, mit einem leichten, selbstsicheren Lächeln auf den Lippen. Sie trägt nichts Auffälliges, und doch hat sie eine Eleganz, die sich nicht kaufen lässt. Ein kühler Mantel liegt über ihrer Ausstrahlung, eine stille, stolze Zurückhaltung. Nichts an ihr ist laut, und doch zieht sie jeden Blick auf sich.

Du näherst sich vorsichtig, mit einer Mischung aus Neugier und Respekt, denn du ahnt: Diese Frau lässt nur wenige wirklich nah an sich heran. Zuerst spürt man ihre kühle Distanz. Vielleicht sind es die salzigen Noten im Barolo, die leicht herb und streng wirken, wie ein unnahbarer erster Blick. Doch dann, nach und nach, öffnet sie sich – wie der Brunate im Glas. Da ist eine feine Süße, Himbeeren und Zwetschgen, die langsam auftauchen. Wie ein schelmisches Lächeln, das sie nur gelegentlich zeigt, als wollte sie sagen: „Ich bin nicht nur das, was du denkst.“

Mit jedem Schluck, jedem Atemzug zeigt mir der Wein mehr von seiner Tiefe. Da ist eine dunkle, rauchige Note, die an Leder und Gewürze erinnert, wie jemand, der Abenteuer erlebt und Narben mit Würde trägt. Der Abgang? Langanhaltend, mit einem Hauch Lakritz, und hinterlässt eine Spur, die man nicht so leicht vergisst. Genau wie die Begegnung mit ihr. Sie hat etwas Geheimnisvolles, das einen noch lange nach dem Abend beschäftigt.

Dieser Barolo Brunate 2016 von Rinaldi ist kraftvoll und vielschichtig, und obwohl er jetzt schon fasziniert, kann ich mir gut vorstellen, dass seine wahre Essenz erst in den kommenden Jahren zur Gänze aufblühen wird. Wer ihn heute probiert, bekommt einen Vorgeschmack auf das, was er eines Tages sein wird. Eine reife, weise Präsenz, die noch lange nachwirken wird. Ein Wein wie diese Frau, die man vielleicht nur einmal trifft, die einen aber nie mehr loslässt.