Pinot Noir an der Ruwer: Wahnsinn oder Geniestreich?
Doch wie kam es zu dieser rasanten Entwicklung? Denn 12 Jahre sind in der Zeitrechnung der Weinwelt ein Wimpernschlag. Sicherlich spielen hierfür mehrere Faktoren eine Rolle. Entscheidend ist die Symbiose aus einem visionärem Winzer, klimatischen Voraussetzungen und Weinbergspotenzial. Erstere ist dabei wohl die ausschlaggebende Komponente. Schließlich würde nur ein Genie oder ein kühner Winzer das Risiko eingehen, eine der besten Parzellen seines weltberühmten Riesling-Weinbergs mit Pinot Noir zu bepflanzen. Von nicht wenigen wurde Carl von Schubert für diese zunächst verrückt klingende Entscheidung anfangs belächelt.
Kommen wir zu den klimatischen Voraussetzungen. Auch an der Mosel macht sich der Klimawandel bemerkbar. Wo bisher vornehmlich Riesling angebaut wurde, wird es an den nach Süden ausgerichteten Schiefersteilhängen nun auch warm genug für Pinot Noir. Dennoch wird es dank der kühlen Nächte nicht zu heiß. So kann diese sehr empfindliche Rebsorte hier so ausgewogen reifen kann, dass die Feinheit und Zartheit der Sorte bewahrt werden kann.
Pinot Noir transportiert bei sorgfältiger Arbeit in Weinberg sowie Keller den Charakter einer Lage ähnlich gut wie Riesling. Das gilt auch für den Grünhäuser Berg. Doch warum ist nun dieser Berg und insbesondere die Lage Abtsberg so geeignet für Pinot Noir?
Das Mysterium des Weinbergs
Der Abtsberg ist zweifelsohne die renommierteste Lage von Maximin Grünhaus. Sein Untergrund besteht hauptsächlich aus bläulichem Devonschiefer. Die runde Kuppe dreht von Südost bis Südwest und erreicht eine Hangneigung von bis zu 75%. Im Zentrum befinden sich die besten Parzellen des Anwesens. Hier stehen auch die Reben für den Abtsberg Pinot Noir GG. Der Boden hier neigt dazu, flacher und steiniger/schieferiger zu sein im Vergleich zum benachbarten Herrenberg. Perfekt für Pinot Noir aufgrund seiner Vorliebe für kargere Böden. Während der Verkostung konnte ich deutlich die ausgeprägte Würze und mineralische Charakteristik der Weine wahrnehmen. Sie spiegelte deutlich den Einfluss des Bodens wider.
Die Rieslinge aus dieser 14 Hektar großen Lage gehören zu den langlebigsten der Welt. Ob dies auch für die Pinot Noirs gilt, wäre noch zu beweisen. Die nötigen Anlagen hierfür zeigten beispielsweise die verkosteten Pinot Noirs der Jahrgänge 2012, 2016 oder 2019.
Anpassung als Schlüssel zum Erfolg
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich der Pinot Noir Stil des Weinguts seit dem ersten Jahrgang 2010 deutlich weiterentwickelt hat. Die Jahrgänge bis 2017 sind zum Teil deutlich durch, für meinen Geschmack, etwas zu vordergründige Barrique Töne gekennzeichnet. Maximin von Schubert verwendet seitdem deutlich feinere französische Eichenfässer. Diese stammen aus seinem eigenen Wald, wie er mir während einer kurzen Kellerführung erklärte. Und während die von Schuberts ihren Umgang mit Eiche verfeinern, gewinnen die Pinots an Fokus und Eleganz. 2019 und das im Herbst erscheinende 2022er GG waren hierfür glänzende Beispiele.
Während 2019 einen inneren Spannungsbogen zwischen Frische, Würze, rotem Fleisch, Kraft und Tiefe aufbaute, zeigte sich der als Fassprobe gereichte 2022er eine Stufe feiner, ätherisch, mit dunklen Tönen, Nachhall und animierender Saftigkeit. Nach diesen ersten vielversprechenden Eindrücken freue ich mich schon darauf, wie sich das dann gefüllte GG bei der VDP GG Präsentatio zeigen wird.