Es gibt Weine, die einen packen, weil sie eine Geschichte erzählen, weil sie Charakter haben und weil sie einfach im richtigen Moment ins Leben treten. Genau solche Entdeckungen teile ich in dieser Rubrik. Manchmal sind es rare Fundstücke, manchmal kleine, unbekannte Perlen, manchmal aus große Namen. Nicht immer die teuersten oder lautesten, aber immer Weine mit Seele. Weine, die etwas wagen und etwas zu sagen haben. Jede Flasche in dieser Rubrik hat mich tief berührt – und ich bin sicher, dass sie auch dich begeistern kann. Lass dich inspirieren und finde vielleicht dein nächstes großes Weinerlebnis.

Max Kaindl, 10. März 2025
Lesezeit etwa 4 Minuten

Collector’s Gem –
Meine neuesten Entdeckungen

Stradener Alte Reben Sauvignon Blanc 2015 – Neumeister

Was für ein Brett! Ein Sauvignon Blanc, der so gar nicht in die typische Frucht-Bombe-Kategorie fällt. Hier geht’s um Kühle, um Struktur, um eine Tiefe, die sich mit jeder Sekunde im Glas weiter entfaltet. Die Nase? Rauchspeck, Pilze, getrocknete Kräuter, zarte florale Anklänge. Am Gaumen dann eine dichte, fast herbe Frucht mit feiner Feuerstein-Schärfe, packender Mineralität und einer Säure, die punktgenau sitzt. Grip ohne Ende, Komplexität bis in den tiefsten Keller und eine Eleganz, die fast unverschämt ist. Nach knapp zehn Jahren Reife ohne Ermüdungserscheinungen – im Gegenteil: Frisch, lebendig und mit gewaltiger Spannung. Ich hielt ihn blind für einen Chenin Blanc von der Loire.

Hintergrund: Das Weingut Neumeister liegt im steirischen Vulkanland, einer Region, die lange unterschätzt wurde. Dabei hat das Terroir hier richtig was zu bieten: steile, kleinteilige Parzellen, kühle Nächte und Böden, die den Weinen einen messerscharfen Charakter verleihen. Neumeister macht seit Jahren unbeirrt sein Ding – fernab von Trends, aber mit maximaler Konsequenz. Sauvignon Blanc kann hier in eine Richtung gehen, die man sonst nur von Chablis oder großen Chenin Blancs kennt.

Kieselberg N Riesling 2022 – Michael Andres

So muss „Natural“! Michael Andres’ N-Serie ist seine Spielwiese, und dieser Riesling aus dem Deidesheimer Kieselberg zeigt, warum das funktioniert. Spontanvergoren, nicht filtriert, lange auf der Hefe – und trotzdem kein trüber Freak-Wein, sondern ein wahnsinnig präzises, feingliedriges Stück Riesling-Kunst. In der Nase eine wilde Mischung aus Grapefruit, Mirabelle, Fenchel und Anis, flankiert von frischen Kräutern. Am Gaumen ultrakühl (trotz des heiß-trockenen 22er Jahrgangs), seidig, mit einer straffen Säure und einer Mineralität, die in feinsten Nuancen schillert. Kein Gramm Fett zu viel, stattdessen Eleganz pur. Ein Riesling, der sich noch Jahre entwickeln wird, aber schon jetzt maximalen Trinkfluss hat.

Hintergrund: Michael Andres ist kein Lautsprecher, sondern ein Perfektionist, der seine Weine für sich sprechen lässt. Seit Jahren geht er einen kompromisslosen Weg mit Spontangärung, langem Hefekontakt und minimaler Intervention. Seit kurzem wird er von seiner nicht minder ehrgeizigen und sympahtischen Tochter Elena im Weingut unterstützt. Der Kieselberg ist eine der besten Lagen in der Pfalz – seine kühle Exposition nahe am Wald sorgt für eine Frische, die dem Wein diese unglaubliche Spannung verleiht. Der 2022er zeigt, dass „Natural“ auch ohne Oxidation oder übertriebene Wildheit richtig groß sein kann.

Macharnudo San Cayetano Vino de Pasto Palomino Fino 2022 – De La Riva

Jerez – aber anders! Wer bei Palomino Fino nur an Sherry denkt, sollte diesen Wein probieren. Denn hier haben wir einen stillen Weißwein aus Jerez, der zeigt, was aus dieser Rebsorte jenseits der typischen Oxidation entstehen kann. Streng limitiert, aus 35 Jahre alten Reben auf purem Albariza-Kalkboden, unter Florhefe gereift – und trotzdem ein Wein, der nicht in die klassische Fino-Schiene passt. Die Nase ist ein Feuerwerk aus Limette, grüner Aprikose, Heu, Austernschale, Mandel und einem Hauch Kimchi. Am Gaumen eine Salzigkeit, die sich ins Gedächtnis brennt, gepaart mit saftiger Quitte, Zitruszesten und feinster Kräuterwürze.

Hintergrund: De La Riva ist das Projekt von Willy Pérez und Ramiro Ibáñez – zwei Winzer, die in Jerez gerade alles umkrempeln. Sie bringen historische Weinberge zurück auf die Karte und zeigen, dass Jerez nicht nur für Sherry, sondern auch für Weltklasse trockene Weißweine taugt. Der San Cayetano kommt aus einer der besten Lagen der Region und zeigt, wie unglaublich tief und komplex Palomino Fino sein kann. Extrem rar, extrem spannend – und definitiv ein Wein, den man im Auge behalten sollte.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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