Es gibt diese seltenen Momente, in denen sich Kunst und Kulinarik auf eine Weise vereinen, dass man sich fragt, ob sie jemals getrennt voneinander existieren konnten. So ein Moment war mein Besuch im Tantris Maison Culinaire, diesem Tempel der Haute Cuisine in München, als Annette Sandner ihre neueste Edition von „Culinary Timepieces“ präsentierte. Wer Annette kennt, weiß, dass sie nichts dem Zufall überlässt. Doch was sie hier geschaffen hat, geht weit über das hinaus, was man sich unter Food-Fotografie vorstellt. Es ist eine Zeitreise. Eine Zeitreise durch Geschmack, Geschichte und pure Ästhetik.

Max Kaindl, 18. Oktober 2024
Lesezeit etwa 9 Minuten

Ein Rendezvous von Kunst und Kulinarik:
Culinary Timepieces im Tantris

Tantris: Mythischer Ort der Kulinarik

Das Tantris ist ja ohnehin ein mythischer Ort, ein Kronjuwel der deutschen Kochkunst, das über Generationen hinweg geprägt hat, wie hierzulande gedacht, gekocht und gegessen wird. Und dann kommt Annette Sandner, schnappt sich Tantris Original-Speisekarten aus den 70ern, kramt tief in den Archiven und verwandelt diese Zeitdokumente in atemberaubende Kunstwerke. Doch halt, es wäre viel zu einfach zu sagen, dass sie „nur“ Fotos macht. Was Annette mit Culinary Timepieces erschafft, sind Hommagen an die hohe Küchenkunst, die weit mehr sind als bloße Abbildungen – sie sind visuelle Zeitkapseln, die die Essenz einer Ära einfangen.

Der kreative Prozess: Vergangenheit trifft Gegenwart

Die Zusammenarbeit mit dem Tantris-Team, allen voran Küchenchef Benjamin Chmura, war dabei von einer beeindruckenden Detailverliebtheit geprägt. Die Idee? Alte Gerichte nicht nur abzulichten, sondern sie wieder zum Leben zu erwecken – allerdings in einer Weise, die sowohl das Gestern als auch das Heute zelebriert. Es war nicht einfach eine Nachstellung. Vielmehr ging es darum, die historische DNA der Gerichte neu zu interpretieren, sie in einem modernen Kontext zu sehen und dennoch ihre Wurzeln zu ehren. Dieser Prozess war ebenso akribisch wie künstlerisch – ein Balanceakt, den nur wenige so meisterhaft beherrschen wie Annette.

Die Entstehung von Culinary Timepieces: Eine kreative Odyssee

Was mich besonders fasziniert hat, war die Präzision, mit der jedes Detail durchdacht war. Die alten Speisekarten wurden zu Leinwänden, auf denen Gerichte wie der „Salade Niçoise“ oder die „Sole façon du Chef“ in neuer Pracht erstrahlten – interpretiert, aber mit Respekt vor ihrer Herkunft. Der Entstehungsprozess dieser Werke liest sich fast wie eine kreative Odyssee: Annette beginnt mit dem historischen Dokument – in diesem Fall die Speisekarten des Tantris aus den 70ern – und entwickelt daraus ihre Idee. Doch damit hört die Arbeit noch lange nicht auf. Gemeinsam mit den Köchen – in diesem Fall Benjamin Chmura und seinem Team – wird jedes Gericht diskutiert, interpretiert und schließlich auf dem Dokument angerichtet. Die Herausforderung? Wie richtet man ein Gericht an, das es vielleicht so gar nicht mehr gibt? Und wie fängt man den Geist der damaligen Zeit ein, ohne in Nostalgie zu verfallen?

„Ein Puzzle der Kulinarik“: Annettes Hingabe zur Detailarbeit

Annette beschrieb es mir während des Events so: „Es ist wie ein Puzzle. Ich habe die historischen Speisekarten und muss herausfinden, wie ich diese Gerichte von damals in die heutige Zeit überführe, ohne ihre Seele zu verlieren.“ Diese Hingabe, dieses Eintauchen in die kulinarische Geschichte, hebt Culinary Timepieces auf eine ganz andere Ebene. Es geht nicht nur um schöne Bilder. Es geht darum, Geschichten zu erzählen – Geschichten von legendären Köchen, großartigen Momenten und natürlich unvergesslichen Gerichten.

Ein Fest der Sinne: Historische Gerichte neu interpretiert

Und dann, als wir uns im Tantris zu Tisch setzten und die Neuinterpretationen dieser Klassiker genossen, kam der nächste Geniestreich: Die Motive der Tantris-Edition, die Annette so meisterhaft inszeniert hatte, wurden uns nun von Küchenchef Benjamin Chmura und seinem Team auf den Teller gebracht – jedoch nicht als exakte Kopien der Vergangenheit, sondern als Neuauflagen, die mit einer modernen Raffinesse daherkommen. Eine Hommage, ja – aber eine, die sich nicht in der Vergangenheit verliert, sondern mutig nach vorne schaut.

Die „Sole façon du Chef“? Ein Traum. Der „Salade Niçoise“? Eine Symphonie der Aromen. Dazu eine Weinbegleitung von Chefsommelier Julian Grundwald, die diese Reise perfekt abrundete. Es war, als ob wir für einen Nachmittag nicht nur Zuschauer einer Ausstellung, sondern aktive Teilnehmer an einem kulinarischen Kunstwerk waren.

Ein Meisterwerk zwischen den Epochen: Culinary Timepieces

Was bleibt, ist Bewunderung. Annette hat mit Culinary Timepieces etwas geschaffen, das weit über die Fotografie hinausgeht. Es ist ein Brückenschlag zwischen den Epochen, ein visuelles Gedächtnis der hohen Küche, das gleichzeitig in der Gegenwart verankert ist. Ihre Liebe zum Detail, ihre Leidenschaft für die Gastronomie und ihre Fähigkeit, Vergangenheit und Gegenwart zu vereinen, machen dieses Projekt zu etwas Einzigartigem.

Ein unvergesslicher Nachmittag im Zeichen der Kunst des Genießens

Zum Abschluss, während ich an meinem letzten Glas Saint-Joseph 2015 von Yves Cuilleron nippte und den Nachmittag Revue passieren ließ, dachte ich mir: Wenn es eine Künstlerin gibt, die es versteht, die Essenz von Genuss und Geschichte in einem Bild einzufangen, dann ist es Annette Sandner. Culinary Timepieces ist nicht nur eine Hommage an die große Küche – es ist eine Ode an die Kunst des Genießens selbst. Ein „Match made in Heaven“, wie sie sagen würde. Und ich? Ich bin dankbar, dass ich an diesem Meisterwerk teilhaben durfte.

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Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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