In meiner Rubrik „Wenn Wein eine Person wäre“ verwandelt sich jeder Wein in einen lebendigen Charakter. Die Idee dahinter? Weine auf eine spielerische und dennoch tiefgründige Art zu erleben. Heute geht es um den 2023er Monte Nostrum von Robert Weil aus dem Rheingau.

Max Kaindl, 27. September 2024
Lesezeit etwa 3 Minuten

Monte Nostrum 2023

Ende August, an einem dieser klaren, warmen Spätsommertage, saß ich in der Vinothek von Robert Weil, nichtsahnend, was auf mich zukam. Ganz ohne große Vorankündigung schenkte Caro mir den 2023er Monte Nostrum ein. Ich kannte Weils neuen Ikon Riesling bisher nicht. Schon der erste Schluck ließ mich unwillkürlich an jemanden denken – eine Frau. Und zwar nicht irgendeine.

Stell dir vor, du triffst eine Frau, die auf den ersten Blick kühl und unnahbar wirkt, fast so, als wolle sie sich eine gewisse Distanz bewahren. Sie trägt ein schlichtes, aber makelloses Outfit – nichts Auffälliges, aber doch mit einer Eleganz, die du nicht übersehen kannst. Sie ist nicht laut, nicht diejenige, die sofort im Mittelpunkt steht, aber trotzdem zieht sie jeden Blick auf sich. Und dann hat sie diese Aura von Selbstsicherheit, die einfach da ist, ohne dass sie sie betonen muss.

Wenn du ihr näher kommst und mit ihr sprichst, merkst du sofort: Da ist mehr. Ihre Stimme ist klar und bestimmt, aber gleichzeitig ist da eine Wärme, die du nicht erwartet hättest. Wie der erste Eindruck des Monte Nostrum mit seiner kühlen Zitrusnase, die fast messerscharf und präzise wirkt, aber doch von einer leisen, zarten Pfirsich- und Apfelnote begleitet wird. Sie spricht nicht viel, aber jedes Wort sitzt. Und je länger du zuhörst, desto mehr verstehst du, wie viel Tiefe in ihr steckt.

Mit jedem Satz, mit jeder Geste offenbart sie dir eine neue Facette. Ihre Zurückhaltung ist nicht das Ergebnis von Unsicherheit, sondern von Selbstbewusstsein. Wie der Monte Nostrum, der am Gaumen zunächst kühl und präzise wirkt, dann aber immer mehr preisgibt – die saftige Frucht, die lebendige Säure, eine rauchige Note, die plötzlich auftaucht wie ein unerwarteter Seitenblick von ihr, der dich zum Nachdenken bringt. Sie ist nicht jemand, der alles auf einmal offenbart – du musst dir ihre Tiefe erarbeiten, Stück für Stück.

Und dann, genau in dem Moment, in dem du denkst, du hast sie durchschaut, lächelt sie. Ein Lächeln, das fast unmerklich ist, aber es trifft dich. Da ist eine leichte Süße in ihrem Blick, in ihrem Wesen, die du nicht erwartet hast. So wie der Monte Nostrum plötzlich mit einem Hauch von Süße überrascht, gerade wenn du dachtest, er bleibt nur kühl und präzise. Sie zeigt dir, dass es immer mehr zu entdecken gibt, wenn du bereit bist, die Zeit mit ihr zu verbringen.

Diese Frau ist keine, die sich dir sofort an den Hals wirft. Sie lässt dich neugierig werden, lässt dich fragen, was noch in ihr steckt. Aber wenn du die Geduld hast, wirst du belohnt – mit Tiefe, Eleganz und einer Raffinesse, die du nur bei den wenigsten findest.

Ach ja, der Monte Nostrum 2023… Falls dir jetzt das Wasser im Mund zusammenläuft, musst du dich leider noch etwas in Geduld üben. Der 23er Jahrgang dieses durchaus speziellen Rieslings wird erst ab dem Frühjahr 2025 exklusiv über den Place de Bordeaux vertrieben. Wer ihn sich sichern will, sollte bald ein Auge darauf werfen. Denn wie bei den besten Dingen im Leben gilt auch hier: Das Warten lohnt sich.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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