Wenn ich eines in den letzten Monaten gelernt habe, dann das: Sobald du öffentlich über Chardonnay in Deutschland sprichst – erst recht über die Frage eines möglichen VDP Chardonnay GG – ziehen die Wellen hoch. Sehr hoch. Mein letzter Artikel hat genau das getan. Zustimmung, Diskussion, Kopfschütteln, Schulterklopfen. Die ganze Palette. Und, ja, ich gebe zu: Es hat mich beruhigt zu sehen, dass es da draußen doch einige gibt, die das Thema ähnlich kritisch, neugierig und ambitioniert betrachten wie ich.
Max Kaindl, 08. Dezember 2025
Lesezeit etwa 4 Minuten
Affordable German Chardonnay under the Radar –
meine ganz persönliche Shortlist für alle, die glauben, Deutschland könne nur Riesling

Und weil danach gefühlt jeder Zweite wissen wollte, welche Chardonnays in Deutschland ich denn überhaupt gut finde – here we go. Eine ehrliche Auswahl an affordable Chardonnays, die für mich unter dem Radar fliegen, aber zeigen, was dieses Land kann, könnte – und noch nicht kann. Ohne Anspruch aus Vollständigkeit. Kommentiert also gerne unter diesen Beitrag die aus eurer Sicht fehlenden Weine und Winzer auf dieser Liste.
Die Feinen
Klarheit, Präzision, elegante Kühle
VDP
Franken
Astheimer, Rudolf Fürst – ein Lehrstück darin, wie fein Frische klingen kann, wenn man sie ernst nimmt.
Pfalz
Vielles Vignes, Rings – fein, aber mit Substanz; Reduktion als Stilmittel, nicht als Effekt.
Nicht VDP
Pfalz
Kirchberg, J.J. Berizzi – fein, leise, balanciert und kompromisslos in der Idee.
Rosengarten, Scheuermann – reintönig, ruhig, ohne Schnickschnack.
Franken
Chardonnay R, Giegerich – fein-reduktiv, mit einer ganz eigenen würzigen Phenolstruktur.
Bodensee (bayerisch)
Seehalde, Seehaldenhof – kristallin, kühl, ein Seewein mit fast alpiner Präzision.
Die Reduktiven
Spannung, Feuerstein, präziser Nerv
VDP
Baden
Schlossberg GG, Huber – Reduktion meets Holz meets Ambition. Ein Wein, der diskutiert werden will.
Nicht VDP
Rheinhessen
Chardonnay R, Saalwächter – reduziert, jung, vibrierend, ein Statement im Glas.
Chardonnay, Kissinger – kompromissloser Keller, klare Linie, ohne Weichzeichner.
Pfalz
Kapellenberg, Seckinger – wahrscheinlich der lauteste Leisetreter im Land. Das muss man können.
Die Holzbetonten
Struktur, Wärme, Ambition
VDP
Franken
Chardonnay R, Fürst – kraftvoll, burgundisch inspiriert, aber unverkennbar deutsch.
Pfalz
Chardonnay R, Ökonomierat Rebholz – viel Holz, bewusst gesetzt, nie verschmiert.
Schweigen, Jülg – der vielleicht französischste Stil jenseits der Grenze.
Baden
Klosterwingert GG, Schlumberger-Bernhart – reifer Stil, aber mit Zug.
Kirchberg GG, Franz Keller – das vielleicht klassischste Holzverständnis im deutschen Chardonnay.
Nicht VDP
Franken
Krawalter, Felix Walter – Holz? Ja. Feingeführt? Ebenfalls ja. Beeindruckend.
Rheinhessen
Lohpfad, Simone Adams – klarer Holzeinsatz, aber mit erstaunlicher Frische.
Pfalz
Herzog, Andres – Holz plus Reduktion, aber so präzise, dass beides ineinandergreift.
Fazit
Viele der spannendsten Chardonnays des Landes kommen eben nicht vom VDP. Das ist keine Kritik, sondern eine Realität. Chardonnay in Deutschland lebt heute stark von den jungen, wilden, unabhängigen Produzenten, die nicht darauf warten, dass ihnen jemand die Bühne baut.
Soooooo viele starke affordable Chardonnays gibt es in Deutschland aktuell dann auch noch nicht. Für ein VDP Chardonnay GG bräuchten wir Breite. Tiefe. Eine sichtbare Masse an Weinen, die im internationalen Vergleich mithalten kann – nicht nur punktuell, sondern konsistent über Jahre hinweg. Wir haben tolle Ansätze. Einige echte Highlights. Aber die Basis? Noch nicht stark genug. Die Betonung liegt hierbei auf noch.
Deutschland ist auf einem guten Weg. Chardonnay hierzulande ist aufregend, ambivalent, manchmal überambitioniert, manchmal unterbewertet – aber vor allem: in Bewegung. Und genau das macht es für mich so spannend, darüber zu schreiben.



