Hattenheim. Frühsommer. Der Rhein zieht breit und gemächlich an den Rebzeilen vorbei, Sonnenstrahlen flirren über den Lösslehm. Und ich stehe im Hof des Wein- und Sektguts Barth – einem Ort, der auf den ersten Blick leise wirkt, aber viel zu sagen hat.

Max Kaindl, 19. Juni 2025
Lesezeit etwa 4 Minuten

Mitten im Rheingau –
zu Besuch bei Mark Barth

Verwurzelt in Hattenheim

Das Weingut Barth liegt in Hattenheim, genau im Herzen des Rheingaus. Dort, wo der Rhein sich auffächert wie ein Spiegel, der das Sonnenlicht auf die Südhänge zurückwirft. Ein Ort, der nicht nur malerisch ist, sondern klimatisch begünstigt. Die Weinberge liegen geschützt, mit vielfältigen Böden: von kiesigem Löss-Lehm über Ton und Tonmergel bis hin zu Schiefer und Quarzit.

Genau diese geologische Vielfalt zieht sich wie ein roter Faden durch das Profil der Weine und Sekte. In Lagen wie Hassel, Wisselbrunnen, Schützenhaus oder Hallgartener Hendelberg wurzeln Riesling und Burgunder.

Seit Mark und Christine Barth 2009 das Familiengut von Christines Eltern übernommen haben, haben sie den Betrieb still aber entschlossen transformiert. Der Betrieb ist bio-zertifiziert, die Bewirtschaftung naturnah, mit Fokus auf lebendige Böden und nachhaltige Kreisläufe. UND der Fokus auf Sekt. Gelebte Konsequenz.

Sekt ist kein Nebenprodukt – er ist Mission

Was Barth so besonders macht: Hier ist Sekt keine Randnotiz, kein Resteverwertungsprojekt. Er steht gleichberechtigt neben dem Stillwein. Etwa 50:50, mit steigender Tendenz. Und was hier an Schaumweinen entsteht, hat Tiefe, Substanz und Charakter.

Alles wird im Haus gemacht. Handlese. Pressung. Flaschengärung nach traditioneller Methode. Rütteln auf Holzpulten. Degorgement per Hand. Der Grundwein wird mit derselben Ernsthaftigkeit erzeugt wie ein GG – und das schmeckt man.

Mark ist nicht nur Winzer, sondern auch Visionär. Als stellvertretender Vorsitzender des VDP Rheingau hat er sich dafür stark gemacht, dass auch Sekt nach VDP-Kriterien klassifiziert wird. Ein längst überfälliger Schritt – und einer, den Barth mit angestoßen hat.

Tasting

Fleur de Blanc, Brut

Scheurebe, 12 Monate auf der Hefe.

Duftiger Einstieg, blumig und fruchtig, macht sofort Laune. Ein lebendiger, leichter Aperitif, der animiert und den Einstieg versüßt, ohne kitschig zu sein.

Pinot Blanc, Brut 2021

20 Monate Hefe, feines Mousse.

Grasig-herbale Noten, Steinobst, etwas Süße im Kern. Unaufgeregt elegant, mit Balance. Für mich ein Sekt, der Zeit braucht – und verdient.

Pinot Rosé, Brut 2020

Trinkt sich weg wie frisch gepflückte Johannisbeeren.

Feines Mousse, schöne Säure, alles sitzt. Nicht zu ernst, aber auch kein Leichtgewicht. Spaßfaktor hoch.

Ultra Pinot Noir, Brut Nature 2018

6 Jahre Hefelager.

Leichtfüßig, präzise, ganz feine rote Beeren, vibrierende Frische, länglicher Nachhall. Feinstes Mousse, sehr elegant. Wenn ich meckern müsste: ein Hauch mehr Druck hätte ihn ikonisch gemacht. Aber so? Richtig stark.

Pinot Noir ROT, Brut 2015

8 Jahre auf der Hefe – und das merkt man.

Riecht wie ein gereifter, trockener Spätburgunder mit Brioche-Twist. Feine Perlage, fast burgundisch am Gaumen, mit etwas Tannin und Röstaromatik.

Anders – und gerade deshalb faszinierend.

Riesling, Extra Brut

3 Jahre Hefelager, deutlich ernster als der Brut.

Frisch, präzise, leicht trocknend im Finish, mit Spannung. Ein Sekt, der sich nicht anbiedert. Gefällt mir richtig gut.

Schützenhaus Riesling, Brut Nature 2019

Zitrus, Schale, Kräuter, Brioche. Extrem feines Mousse. Präzise, vertikal, leicht bitter im besten Sinne, animierend.

Einer, der fordert – und bleibt.

Hassel Riesling, Brut Nature 2019

Für mich das Highlight.

Dunkel, nussig, fast rauchig. Kein Frucht-Sekt, sondern Struktur pur. Großartige Länge, kühle Phenolik, zupackende Säure, und dann dieses Finish mit roter Johannisbeere – wow.

Der Mensch dahinter

Mark Barth wirkt in seiner Art fast gegensätzlich: einerseits ruhig, fast introvertiert. Andererseits extrem klar in dem, was er will. Er denkt weit voraus, weiß aber genau, wo er steht. Und dabei bleibt er immer nahbar. Keine Allüren, kein Chichi.

Für mich war dieser Besuch mehr als nur ein weiterer Termin im Rheingau. Es war ein Aha-Moment in Sachen Riesling Sekt. Und eine Erinnerung daran, wie gut Handwerk schmecken kann, wenn man es ernst meint. Wer wissen will, wo deutscher Winzersekt heute steht – und wo er hingehen kann –, der kommt an Barth nicht vorbei. Für mich? Einer der spannendsten Adressen im Rheingau.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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