Es gibt Weine, die einen packen, weil sie eine Geschichte erzählen, weil sie Charakter haben und weil sie einfach im richtigen Moment ins Leben treten. Genau solche Entdeckungen teile ich in dieser Rubrik. Manchmal sind es rare Fundstücke, manchmal kleine, unbekannte Perlen, manchmal große Namen. Nicht immer die teuersten oder lautesten, aber immer Weine mit Seele. Weine, die etwas wagen und etwas zu sagen haben.

Jede Flasche in dieser Rubrik hat mich tief berührt – und ich bin sicher, dass sie auch dich begeistern kann. Lass dich inspirieren und finde vielleicht dein nächstes großes Weinerlebnis.

Max Kaindl, 02. Juni 2025
Lesezeit etwa 4 Minuten

Collector’s Gem –
Meine neuesten Entdeckungen

Berg Schlossberg 2023 – Georg Breuer

Wenn Riesling zur Meditation wird. Der Moment, wenn du den ersten Schluck nimmst und einfach kurz still bist – genau das hatte ich mit dem 2023er Schlossberg von Breuer. Kein großes Tamtam, kein “Schau mal, wie besonders ich bin”. Nein, der Wein steht einfach da. Kühl. Klar. Und ziemlich beeindruckend.

Die Nase: wie ein Spaziergang nach Sommerregen im Schiefergebirge. Grüner Pfeffer, Zitronenzeste, nasser Stein. Keine überbordende Frucht, sondern eine kühle, fast introvertierte Aromatik. Am Gaumen dann diese straffe, salzige Linie. Der Wein spannt sich über die Zunge wie ein Drahtseil, präzise, geradlinig. Zitronenschale, grüne Papaya, ein Hauch Tabakblatt. Kein Fett, kein Schnickschnack – aber Tiefe, die nachhallt. Monumental in der Stille. Und aus meiner Sicht der bisher überzeugendste Schlossberg seit 2019!

Hintergrund: Der Rüdesheimer Berg Schlossberg ist eine Rheingauer Legende und eine der Paradelagen Deutschlands. Sie ist dicht verbunden mit dem Ausbau durch Bernhard Breuer, der ihr wohl erst den Kultstatus verlieh. Auch mit dem Übergang an die Tochter Theresa Breuer wird die Geschichte fortgeschrieben. Immer mit einem jährlich wechselnden Künstleretikett versehen, was noch weiter zum Sammlerstatus dieses Kultrieslings beiträgt. Auf dem schiefer- und quarzhaltigen Boden reift der Riesling hier zu einem unglaublich finessenreichen Wein heran. 2023 war das beste Jahr für den Rüdesheimer Berg seit Langem – die Reben haben nach dem extrem trockenen 2022 richtig aufgeatmet. Der Schlossberg steht wie ein Fels im Glas – kühl, monolithisch, klirrend klar.

Kirchberg Chardonnay 2023 – J.J. Berizzi

Chardonnay mit Kante. Und Charakter. Er kommt leise daher, dieser 2023er Kirchberg – aber sobald du ihn im Glas hast, merkst du: Der will was sagen. In der Nase zeigt sich ein Spiel aus zarter Frucht und Kräuterwürze: gelber Apfel, etwas Limette, dazu Fenchelkraut und ein Hauch Anis. Untermalt von einem Hauch Holz – elegant, nie laut. Am Gaumen dann richtig Grip: salzige Mineralität, feine Phenolik, kühler Druck. Da ist Struktur, da ist Saft, da ist Haltung. Zitrone trifft Mandel, Stein trifft Seide. Ein Wein, der heute schon berührt – aber auch das Zeug für zehn Jahre Reife hat. Für mich klar: stärker als der viel gelobte 2022er.

Hintergrund: Das Weingut J.J. Berizzi in Edenkoben ist jung, aber tief verwurzelt. Julius Berizzi bringt Know-how von Christmann, Wittmann und aus dem Ausland mit – und zeigt in kürzester Zeit, was biologischer Weinbau in der Pfalz leisten kann. Der Kirchberg ist auf den ersten Blick eine unscheinbare Lage mit Löss-Lehm und Sandstein im Untergrund – und bringt in Berizzis Händen erstaunliche Weine hervor, die ruhig, klar und mineralisch klingen. Der Chardonnay 2023 ist der Beweis.

Hautes-Côtes de Beaune „Au Bout du Monde“ 2022 – Pierre-Yves Colin-Morey

Burgund, aber anders. Und besser. Ein Bourgogne Blanc? Ja. Aber was für einer! Der 2022er „Au Bout du Monde“ kommt mit einer Energie ins Glas, die mich sofort aufhorchen lies. Die Nase ist ein Gedicht: Limettenschale, weiße Blüten, geröstete Haselnüsse, etwas Pfeffer. Am Gaumen dann dieser Colin-Morey-typische Mix aus Saftigkeit, Spannung und salziger Präzision. Weiße Pfirsiche, zerstoßene Muscheln, nussiger Grip. Opulent? Ja. Aber nie breit. Der Wein tänzelt zwischen Kraft und Finesse, bleibt immer fokussiert. Ein Gutswein, der keiner ist. Sondern ein kleines Meisterwerk.

Hintergrund: Pierre-Yves Colin-Morey ist längst mehr als ein Geheimtipp. Was er in Chassagne, Meursault und Saint-Aubin erzeugt, gehört zum Besten, was das Burgund zu bieten hat. Der „Au Bout du Monde“ stammt aus einer neu bepflanzten Parzelle, die Pierre-Yves 2016 übernommen hat. Die jungen Reben liefern Frische, die Lage bringt Charakter. In Demi-Muids ohne Batonnage ausgebaut, strahlen seine Weine Präzision und Herkunft wie kaum ein anderer. Wer verstehen will, wie großer Weißwein auch unterhalb der Premier-Cru-Grenze schmecken kann, muss diesen Wein probieren.

Bilder: © The Art of Riesling – Maximilian Kaindl

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